Kirchplatz 15
Eine erste urkundliche Erwähnung des Gebäudes finden wir in einem Inventarverzeichnis von 1538 zum Ende der Reformation. Danach hat der letzte katholische Pfarrer Alt Hans Wetzel sein Pfarrhaus denen von Grunbach gestiftet. Dies bestätigt auch die Güterbucheintragung von 1603 über die Zinszahlung derer zu Grunbach aus ihrem Bürgerhaus an der Kirchenmauer.
Auf der Miniatur der Kieserschen Forstkarten von 1686 ist westlich der Kirche ein großes Gebäude zu sehen. In der Großen Stuben fanden die Ratsversammlungen statt und sehr wahrscheinlich auch seit 1559 der Schulunterricht. Aus dem Jahr 1700 ist ein Beschwerdeschreiben an den Synodus, die oberste Kirchen- und Schulaufsicht in Stuttgart, erhalten. Darin beklagt sich der Schulmeister Dionysius Hegelin (1632-1707) über die zu kleinen Räumlichkeiten im Schul- und Rathaus. Zu dieser Zeit war der Heilige, also die Kirchenpflege, für den Unterhalt der Schule und der Schulmeisterwohnung im unteren Stockwerk verantwortlich.
Aktenkundig ist die Beschädigung und Plünderung des Rathauses während der französischen Invasion von 1707 (Spanischer Erbfolgekrieg) bei der viele Dokumente des Flecken Grunbach stark beschädigt wurden und verloren gingen. In den Visitationsberichten der Schule wird 1734 der schlechte Bauzustand des Hauses reklamiert. Aber erst 1769 erfolgte ein größerer Umbau, bei dem das Gebäude um 7 Schuh (ca. 2 m) zum Kirchplatz hin verlängert wurde.
Danach befanden sich im Obergeschoss das Amtszimmer des Schultheißen, ein Raum zur Unterbringung der amtlichen Dokumente, ein Arrestzimmer und die Ratsstube. Dort tagte der Vorläufer des Gemeinderats, bestehend aus 12 wohlhabenden und angesehenen Bürgern (des Gerichts) und sechs Ratsverwandten (des Rats). Dieses Gremium entschied, unter dem Vorsitz des auf Lebenszeit ernannten Schultheißen, über die Belange des Fleckens. Es waren meist die Schlichtung von Streitigkeiten, Bestrafung kleinerer Vergehen und Protokollierung sämtlicher Einbürgerungen, Kauf-, Inventar- und Erbverträgen. Ein ganz erhebliches Pensum, das hier nur mit Hilfe eines Schreibers vom Königlichen Oberamt Schorndorf von den „Bauernschultheißen“ bewältigt werden musste.
Im Erdgeschoss befand sich eine Schulstube in der, bei meist über 100 Kindern, eine drangvolle Enge geherrscht haben muss, und die Wohnung des Schulmeisters. Erst 1816 wurde diese in ein zweites Klassenzimmer umgewandelt, damit wenigstens alle Kinder einen Sitzplatz hatten. Eine weitere Vergrößerung der Schulräume brachte in der Amtszeit vom Schultheiß Jakob Deile 1891 die überdachte Außentreppe als Zugang zum Ratssaal und Amtsräumen an Stelle des Treppenhauses innerhalb des Gebäudes.
Der für Veranstaltungen genutzte ehemalige Ratssaal im Obergeschoß erhielt seine Ausstattung in der Amtszeit von Schultheiß Deile. Unter seinem Amtsnachfolger Hermann Jerger wurden 1934 der marode Dachstock und die schlechte Bausubstanz des alten Hauses beanstandet. Geldmangel und der 2. Weltkrieg verhinderten jedoch eine Sanierung. Lediglich die Aktenberge sowie das Brennmaterial, wurden nicht mehr unterm Dach gelagert, um das Gebälk von dieser Last zu befreien.
So kam es, dass sich 1954 die Baubehörde zur Schließung des Hauses wegen Baufälligkeit veranlasst sah. Eine Generalsanierung 1966 rettete das ehrwürdige Gebäude vor dem vollständigen Verfall. Dabei erhielt der gesamte untere Stock eine massive Steinmauer anstelle der Fachwerkkonstruktion und die ehemaligen Schulräume wurden zu Amtszimmern der Rathausverwaltung umgestaltet.
Auch der alte „Heiligenkeller“ in dem bis ins 19. Jahrhundert der Weinzehenten des Heiligen eingelagert und ausgebaut wurde bekam damals einen Zugang von der Westseite.
Bis 1954 war der heutige Parkplatz zwischen Rathaus und Kirchenmauer der Gemüsegarten der Schulmeister. Unterhalb des Gemüsegartens, direkt an die Kirchenmauer angebaut, stand seit 1812 das Spritzenhäuschen. Es diente der Freiwilligen Feuerwehr zur Unterbringung ihrer erst tragbaren, dann fahrbaren Feuerwehrspritze. Da es für die modernen Fahrzeuge bald viel zu klein war, wurde es zu Gunsten der Parkplätze abgebrochen, und die Geräte in die Mittlere Kelter verlagert.
Nächste Station...
ist der Ernst-Heinkel-Brunnen. Er liegt am Ortsausgang Grunbach in Richtung Buoch direkt rechts an der Lindenstraße (Ortsdurchfahrt) und ist in wenigen Gehminuten erreichbar.